Bürgerwindpark
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- Erstellt am Dienstag, 29. November 2011 00:10
- Zuletzt aktualisiert am Montag, 22. Juli 2013 12:33
- Veröffentlicht am Dienstag, 29. November 2011 00:10
- Geschrieben von Jutta Reichardt
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Vortrag von Petra Tiemann zum Thema
Rechte und Sicherheiten eines Bürgerwindparks
Investitionskosten eines Bürgerwindparks bestehend aus 10 Windkraftanlagen (WKA) von 132 m Höhe Gesamtinvestition für 10 WKA (€ 3,8 Mio p. WKA) 38,0 Mio.€ davon 25% Eigenkapital (Kommanditkapital) 9,5 Mio €
durch Banken zu finanzierendes Restkapital 28,5 Mio €
Angenommen, 200 Bürger eines Ortes wollen einen Bürgerwindpark errichten, so müßte jeder von ihnen 47.500,00 Euro einzahlen, damit das obige Mindest- bzw. Eigenkapital von 9,5 Mio Euro vorhanden ist. Diese Summe wird so gut wie nie erreicht. Um diese Summe zu erreichen, müßten die Bürger ihr Eigentum verpfänden oder Geld aufnehmen. Kommt die Summe von 9,5 Mio. Euro nicht zusammen, müssen fremde „Investoren“ gesucht werden, die ebenfalls risikobereit sind. Kommt der Windpark wider Erwarten nicht zustande, ist das eingesetzte Kapital meist futsch.
Realistischer ist das Beispiel des Dorfes Dingen in Süderdithmarschen (siehe Nordd. Rundschau v. 26.5.2011): 90 Anwohner haben Anteile für insgesamt 2,4 Millionen Euro erworben, das ist nicht einmal der Investitionswert einer einzigen WKA! Kann man da von einem Bürgerwindpark sprechen??
Rechte bzw. Sicherheiten an einem Bürgerwindpark ?
Die Bürger geben ihr Geld und erhalten entsprechende Stimmrechte. Dafür bekommen sie Gewinnanteile oder erleiden „Verluste“, sie haben jedoch keine Sicherheiten!!
Anders sieht es bei den Banken aus. Die sind abgesichert durch die Windkraftanlagen der GmbH & Co. KG und durch die Einspeisevergütung gem. EEG (Erneuerbares Energien Gesetz).
Weil niemand mit seinem gesamten privaten Vermögen haften will, wird eine GmbH gegründet und ein Geschäftsführer bestimmt. Die GmbH besteht oft nur aus wenigen Personen, die meist nur 25.000,00 Euro Kapital aufbringen. Mit diesem geringen Risiko treten sie dann als vollhaftender Komplementär auf und gründen eine Kommandit-
gesellschaft. Die „Bürger“ werden dann zu „Kommanditisten“ und haften ebenfalls nur mit ihrem eingesetzten Geld. Die GmbH & Co. KG ist geboren.
Die geschäftsführende GmbH verfügt allein über das gesamte Vermögen der Gesellschaft und wie es ausgegeben wird.
Warum wohl??
Meist gründen die Eigentümer der GmbH weitere GmbHs, z.B. eine „Bau-GmbH“, die alle Aufträge vergibt und die fertigen WKA mit Gewinn an die GmbH & Co. KG verkauft, oder eine „Betreuungs- und Wartungs-GmbH“, die ca. 30% aller Einnahmen kassiert und sich dafür verpflichtet, alle Wartungsarbeiten und Reparaturen zu übernehmen.
In den ersten Jahren des sog. Bürgerwindparks fallen horrende Tilgungszinsen an, so daß eigentlich gar keine Gewinne erzielt werden. Den „Komplementären“ wird trotzdem eine „Verzinsung“ gezahlt, die üblicherweise die geschäftsführende GmbH vorschlägt.
Warum wohl?
Nach 12-14 Jahren hat die Bank üblicherweise ihr Geld wieder und erste Gewinne werden erzielt, die endlich nun auch Gewerbesteuer bedeuten könnten. Jedoch aufgrund der komplizierten Steuerumverteilung fällt nur ein sehr geringer Teil der Gewerbesteuer an die Gemeinden.
Nach 20 Jahren müssen die Windräder abgebaut werden. Der Gemeinde und der GmbH & Co. KG verbleibt der „Sondermüll“.
Die absolute Verdummungsvariante eines Bürgerwindparks sind sogenannte „Genußscheine“ ab 100 Euro. Sie haben meistens eine Laufzeit von 10 Jahren mit einer Verzinsung von jährlich 8% und voller Rückzahlung der eingezahlten Summe am Ende der Laufzeit – vorausgesetzt die Gesellschaft hat Geld!!.
Man hat zwar kein Stimmrecht, auch keine Sicherheiten – ist aber am Risiko beteiligt.
Warum wohl?
Rechenbeispiel:
Wenn ein Bürger für seine Genußscheine von 2.000,00 Euro 8 % Zinsen erhält, würde er im Jahr 160,00 Euro ausgezahlt bekommen, sozusagen bar auf die Hand. Das wären in 10 Jahren 1.600,00 Euro!!
Steht das wirklich in einem realen Verhältnis zu dem Verlust seiner Immobilie von bis zu 50% ??
Durch in der Nähe stehende Windparks sinkt der Wert Ihrer Immobilie drastisch, damit sinkt auch der Beleihungswert derselben. Wenn Sie also anbauen oder modernisieren möchten und dafür einen Kredit benötigen, werden Sie entweder gar keinen Kredit bekommen oder einen mit sehr hohen Bauzinsen.
Verheerend kann es auch sein, wenn eine Zinsbindungsfrist einer Immoblilie ausläuft und eine Anschlußfinanzierung verhandelt werden muß. Immobilienbesitzer, die in der Nähe von Windparks wohnen, erhalten von anderen Banken kaum noch Kredite oder, wie bereits erwähnt, solche mit überhöhten Zinsen.